Die Praxis nimmt an der Sozialpsychiatrievereinbarung (SPV) der gesetzlichen Krankenkassen teil:
Soziale Psychiatrie sieht den psychisch kranken Menschen in seiner gesellschaftlichen Einbindung und bekennt sich zu einer praktischen und politischen Verantwortung für eine humane Gesellschaft, in der Menschenrechte, Freiheit und Selbstbestimmung auch für psychisch kranke Menschen gelten (v.a. Art. 1 und 2 Grundgesetz (GG)).
Im Rahmen der kinder- und jugendpsychiatrischen Sozialpsychiatrie ist dem Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG), aber auch dem Kinderschutz und den Kinderrechten (UN-Kinderrechtskonvention Art. 2, 3, 6, 12) Rechnung zu tragen (siehe Erstgespräch).
https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention
Etwa 17% aller Kinder und Jugendlichen zeigen psychische Störungen wie Hyperaktivität, Angststörungen, Depressionen, sowie dissoziale oder aggressive Verhaltensauffälligkeiten. Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen sind somit vergleichsweise häufig, stabil und erhöhen das Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung im Erwachsenenalter signifikant. Das Kindes- und Jugendalter ist die Hauptrisikoperiode für die Entwicklung psychischer Störungen. Die Prävalenzzahlen sind im Verlauf der Corona-Pandemie von 17% auf über 30% deutlich angestiegen (siehe link unten (COPSY-Studie)). Da sich auch „nach Corona“ die Unterstützungsangebote der Kinder und Jugendlichen in Deutschland nicht verbessert haben, sehen wir uns zunehmend mit schweren und komplexen psychiatrischen und Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Leider ist nicht absehbar, dass sich die therapeutische Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland rasch ändert. Und dies, obwohl die deutsche Regierung anerkennt, dass die Coronamaßnahmen für Kinder und Jugendliche unangemessen und mit psychischen Folgeproblemen verbunden sind (siehe Menüpunkt Corona).
Die SPV (gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) V) hat eine multiprofessionelle, ganzheitliche und ambulante Behandlung in der kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis zum Ziel. Berücksichtigt werden dabei individuelle, familiäre, soziale sowie pädagogische Einflüsse. Die Praxis hält für die Arbeit ein multiprofessionelles Team vor, bestehend aus medizinischen, psychologischen, pädagogischen Fachkräften sowie sozialen Diensten. Es arbeiten neben Fachkräften für Heilpädagogik und soziale Arbeit auch Psychotherapeuten, im Rahmen der Vernetzung auch Ergotherapeuten, Sprach- und Physiotherapeuten mit dem Kinder- und Jugendpsychiater zusammen. Gemeinsam erarbeiten sie für jeden Patienten ein individuelles, umfassendes Behandlungskonzept, über das sie sich in multiprofessionellen Besprechungen regelmäßig austauschen.
Das sozialpsychiatrische Konzept berücksichtigt, dass Kinder und Jugendliche mit psychischen und anderen Entwicklungsstörungen in ihren Familien oder vergleichbaren Strukturen (z.B. Pflegefamilien, Kleinsteinrichtungen mit familienähnlicher Struktur) aufwachsen. Sie besuchen die Schule und haben soziale Kontakte. Diese Strukturen sind tragfähig.
Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen können ganzheitlich verstanden werden, wenn sie aus mehreren fachlichen Blickwinkeln und systemisch mit ihrem familiären, sozialen und pädagogischen Umfeld betrachtet und behandelt werden.
Die SPV-Praxis bietet Kindern und Jugendlichen selbst bei komplexen (sozial-) psychiatrischen Problemen eine Alternative zur stationären Behandlung, stets nach dem Motto: ambulant vor (teil-)stationär. Die Kooperation zwischen dem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie und weiteren therapeutisch ausgebildeten Fachkräften innerhalb der Praxis gewährleistet die kontinuierliche, auf die Patienten (und die Familien) individuell zugeschnittene, ganzheitliche Betreuung und Behandlung.
Die häufigsten psychiatrischen Probleme bei Kindern und Jugendlichen sind Entwicklungsstörungen wie beispielsweise Lese-, Rechtschreib- und Rechenstörungen, außerdem Entwicklungsstörungen der Aufmerksamkeit bis hin zu Aufmerksamkeitsstörungen, emotionale Störungen wie übermäßige Angst oder Depressionen, Zwänge sowie Anpassungsstörungen, die auftreten können, wenn ein Kind z. B. ein belastendes Ereignis wie etwa die Trennung der Eltern nicht verkraftet oder es in der Schule gemobbt wird. Hinzu kommen Essstörungen sowie posttraumatische Belastungsstörungen.
Grundsätzlich können alle Störungsbilder in der SPV-Praxis behandelt werden, solange keine akute Suizidalität, massive körperlich bedingte Störungen oder massive Entzugssymptome vorliegen. In letzteren Fällen müsste eine stationäre Behandlung erwogen bzw. in die Wege geleitet werden.
Im Rahmen der sozialpsychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen kooperieren wir hierfür je nach individuellem Bedarf u. a. mit nachfolgenden ärztlichen, therapeutischen und pädagogischen Institutionen:
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- Hausärzten
- Fachärzten (z. B. Kinderärzten, Pädaudiologen, Neuropädiatern,
sozialpädiatrischen Zentren, kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken, Praxen und Institutsambulanzen) - Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
- Ergotherapeuten
- Lerntherapeuten
- Logopäden/Sprachtherapeuten
- Krankengymnasten/Physiotherapeuten
- Schulen und Lehrern
- Kindergärten und Erziehern (inkl. Frühförderung)
- Jugendamt/Gesundheitsamt
- unterschiedlichen Jugendhilfeträgern, sozialen Diensten und Beratungsstellen
Wir behandeln Patienten mit
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- Anpassungsstörungen (psychische Reaktionen auf belastende Situationen)
- Angststörungen
- Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen (ADS/ADHS)
- Ausscheidungsstörungen (Enuresis, Enkopresis)
- Autismus
- Bindungsstörungen
- Dissoziale Störungen, Jugendliche mit Delinquenz
- Emotionale Störung des Kindesalters
- Entwicklungs- und Lernstörungen
- Essstörungen
- Depressive Störungen
- Mutismus
- Persönlichkeitsentwicklungsstörungen
- Phobien
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Psychotischen Erkrankungen
- Schlafstörungen
- Schulvermeidung
- Selbstverletzendes Verhalten
- Somatoforme Störungen
- Störung des Sozialverhaltens
- Suchtmittelmissbrauch/-abhängigkeit
- Tic-Störungen
- Zwangsstörungen
Diagnostik:
Nach Erhebung der Vorgeschichte, bei der die schulische, berufliche, familiäre und soziale Situation eine besondere Rolle spielt, erfolgt eine umfassende kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik.
Intelligenz und Leistungsfähigkeit, Entwicklungsstand, emotionale Befindlichkeit, Persönlichkeit und psychometrische Untersuchungen sind wichtige Bestandteile der psychologischen Zusatzdiagnostik, die zum Standarduntersuchungsprogramm gehört, ggf. werden darüber hinaus spezifische Fragestellungen (z. B. Entwicklungsstörungen) geklärt.
Blut- und Urinproben sowie radiologische Untersuchungen (Computer- oder Kernspintomographie) fordern wir nach Indikation an.
Im Einzelnen bieten wir folgende Diagnostikbausteine an:
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- Rechenstörung
- Lese- und Rechtschreibstörung
- Emotionale Störungen
- Intelligenztestung
- Persönlichkeitstestung
- Neu: ausführliche Autismusdiagnostik mit individueller Untersuchung (diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen (ADOS-2))
Therapie:
Wir wenden ausschließlich wissenschaftlich fundierte, evidenzbasierte Therapien an. Das Behandlungsprogramm wird stets individuell den Möglichkeiten und Bedürfnissen des Patienten angepasst.
In der Beratung von Patienten und Bezugspersonen vermitteln wir störungsspezifisches Wissen, um typische Merkmale und Problemsituationen besser einschätzen und angemessen als Hilfe zur Selbsthilfe reagieren zu können.
Je nach Indikation, Alter und Entwicklungsstand kommen folgende Therapien alleine oder kombiniert zum Einsatz:
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- Beratung von Patienten, Eltern oder Bezugspersonen
- Psychotherapie (verhaltenstherapeutische Interventionen, Gruppen- und Einzelbehandlungen)
- Heilpädagogische Beratung und Behandlung
- Flankierend kreativtherapeutische und Spielangebote, Impulse zur Freizeitgestaltung
- Medikamentöse Behandlung
Weiterhin bietet die Praxis heilpädagogische Förderung an: Diese bietet Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und sich in einem geschützten Rahmen auszuprobieren. Dafür werden unter anderem kunsttherapeutische und spieltherapeutische Methoden eingesetzt, die den Kindern und Jugendlichen dabei helfen können innere Konflikte auszudrücken und zu verarbeiten. Das Handeln der Heilpädagogin zielt in der Förderung darauf ab, die subjektive Wirklichkeit der Kinder und Jugendlichen zu verstehen und sie auf empathische sowie wertschätzende Art und Weise auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Der Inhalt der Stunden orientiert sich jeweils an den individuellen Bedürfnissen und Ressourcen der Kinder und Jugendlichen, um eine ganzheitliche Stärkung und Entwicklung zu ermöglichen.
Ausführliche Informationen zur heilpädagogischen Förderung unter:
https://bhponline.de/download/BHP%20Informationen/berufsbild/20140910,%20Berufsbild%20lang.pdf
Betreuung und Behandlung von Menschen mit Behinderungen: In der Praxis wird die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung sowie eine Begleitung der Eltern und des Umfeldes angeboten.
Der Praxisleiter steht im ständigen Austausch mit der Jugendhilfe und Jugendhilfe im Strafverfahren (z.B. Konzept für suchtkranke Jugendliche im Landkreis, Konzept für sog. „Systemsprenger“, Hilfen nach §35a SGB VIII).