Corona

Die Beschränkungen zum Schutz vor COVID-19-Ansteckungen hatten zwar positive Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen, gleichzeitig aber negative auf die Wirtschaft und Situation aller Bürgerinnen und Bürger, verbunden mit Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit von Eltern und deren Kindern.

Sorgen um den Arbeitsplatz und die eigene wirtschaftliche Situation, die Perspektive durch die lange andauernden Maßnahmen der Politik, Ängste, Depressionen sowie Aggressionsneigungen sind seit 2020 angestiegen. Der Stresslevel in den Familien wuchs nach unserer Beobachtung insbesondere durch paralleles Homeoffice der Eltern und Homeschooling von Kindern und Jugendlichen deutlich an, insbesondere bei Familien mit kleinerem Wohnraum und mit kleineren Geschwisterkindern. Schließlich hatten auch die Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen nach der Wiederöffnung der Schulen nachweisbar negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheitssituation von Kindern und Jugendlichen. Kinder und Jugendliche waren in entscheidenden Phasen ihrer Entwicklung für knapp 3 Jahre in ihrer Bewegungsfreiheit, in ihren Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten und ihrer Autmomieentwicklung beeinträchtigt. Inwieweit sie diese Defiziterfahrungen wieder aufholen können ist bislang unklar.

Klar ist, dass messbar mehr Kinder in der 4. Klasse nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können (19% vor Corona vs. 25% danach ( z.B. https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/christina-anger-grundschueler-lesen-schreiben-und-rechnen-immer-schlechter.html)). Die aktuelle PISA-Studie 2023 bestätigt, dass ca. 30% der 15-jährigen keine hinreichenden Fertigkeiten im Bereich des Lesens, der Rechtschreibung und im Rechnen aufweisen. Zudem verlassen pro Jahr ca. 50.000 Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Schulabschluss.

Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie vor allem eines gelernt: Sie zählen anscheinend wenig. Vieles, was sie betrifft, hängt vom Zufall ab (familiärer Hintergrund, Engagement der Lehr- und anderer Fachpersonen etc.). Für kaum eine andere gesellschaftliche Gruppe gab es derart radikale Veränderungen des Alltags und derart harsche (mediale) Kritik, wenn es zu Regelverstößen kam. Junge Menschen können sich vermutlich auch in künftigen Krisen darauf verlassen, von der Politik einfach übersehen und vergessen zu werden. Kinder und Jugendlichen waren nicht in die Entscheidungen der Politik hinsichtlich einschränkender Maßnahmen miteinbezogen worden. Politische Entscheidungen waren durch Berücksichtigung selektiver wissenschaftlicher Meinungen und einseitig zu Lasten der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen geprägt. Die Politik hat Milliarden für die Rettung und Behandlung schwerkranker älterer Personen ausgegeben. Ausgaben für eine bessere psychische Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendlichen lassen auf sich warten.

Negative Auswirkungen auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen registrieren wir Fachärzte verzögert (mit Latenz) an der wachsenden Inanspruchnahme der Praxen, Ambulanzen und der Stationen. Die Patienten weisen eine höhere Symptomschwere und zunehmende Komplexität der Störungsbilder (mehrere psychische Beschwerden wie depressive Verstimmungen, Ängste, psychische Auswirkungen von vermehrtem Stress, Schlafstörungen mit Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Kindes, z.B. den Schulbesuch oder die schulischen Leistungsfähigkeit betreffend) auf.

Der Deutsche Ethikrat hat am 28.11.2022 folgerichtig im Rahmen einer Bundespressekonferenz in Berlin seine ad-hoc-Empfehlung „Pandemie und psychische Gesundheit. Aufmerksamkeit, Beistand und Unterstützung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in und nach gesellschaftlichen Krisen“ veröffentlicht. Darin empfiehlt der Ethikrat, die Versorgungssituation junger Menschen, die in Krisensituationen psychische Probleme entwickeln, schnell und nachhaltig zu verbessern.

Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat Ende 2022 und Anfang 2023 vorgetragen, dass die Schließung der Kindertagesstätten und die Länge der Schulschließungen im Rahmen der Corona-Pandemie sowohl epidemiologisch und insbesondere in Anbetracht der psychosozialen Kollateralschäden nicht angemessen waren.

Leider hat es die Politik erst geschafft auf dieses Thema beschreibend zu reagieren, als der Schaden für die Kinder und Jugendlichen offensichtlich wurde bzw. nicht mehr zu leugnen war. Und dies obwohl sich die jungen Menschen gegenüber gefährdeten älteren Personengruppen und trotz der Tatsache, dass junge Menschen durch COVID-19-Infektionen bei weitem nicht so stark gefährdet waren wie ältere, sehr solidarisch gezeigt haben.

Die Wartelisten bei den ohnehin schon überlasteten Systemen zur psychosozialen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien haben sich weiter verlängert und es zeichnet sich nicht ab, dass die Politik an der Finanzierung von hilfreichen und nachhaltigen Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung wirklich interessiert ist.

Es gelten für das Aufsuchen der Praxis seit 07.04.2023 keine behördlichen Einschränkungen mehr. Gemäß Hausrecht behalten wir uns anlassbezogen vor zu verlangen, dass Masken getragen werden.